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Von Netzen und Sternen

Den großen Fischen ins Netz gegangen!?

Von Netzen und Sternen, dem Internet und der Frage nach der Existenz von Rationalität …

Netz vs. Stern

Von Netzen …

Ein Netz – im Sinne von netzartiger Verbund – ist eine praktische Sache. Es verbindet Knoten miteinander. Durch Kanten. Zum Beispiel Orte (Knoten) durch Straßen (Kanten). Oder Elektrizitätswerke (Knoten) mit Haushalten (Knoten) durch Leitungen (Kanten). Dabei können Knoten unterschiedliche Rollen spielen, wie zum Beispiel Resource (Quelle) und Verbraucher (Senke) – alle sind aber Bestandteile ein und desselben Netzes und miteinander durch Kanten verbunden.

Die praktischen Aspekte dieser Sache sind zum Beispiel Redundanz. Wenn ein Elektrizitätswerk ausfällt, geht nicht der Strom aus, sondern die anderen an das Netz angschlossenen E-Werke fangen den Ausfall ab, der Strom verteilt sich wieterhin im ganzen Netz.

Anderes Beispiel: Lastverteilung. Wenn die vielbefahrene Straße verstopft ist, kann man einen anderen – vielleicht etwas längeren – Weg wählen und kommt dennoch zum Ziel.

Aber auch: freie Wahl – ich kann mich frei entscheiden, welche Strecke ich fahren möchte oder welchen Stromanbieter ich wähle.

Von Sternen …

Ein anderes Konzept einer Verbundstruktur ist der Stern – er verbindet eine einzelne Resource mit vielen Senken, aber durch jeweils genau eine Kante. Ein Beispiel hierfür liegt möglicherweise unter deinem Schreibtisch: Eine Verteilersteckdose; Sie ist die Resource, die Verbraucher (Senken) sind deine Schreibtischlampe, dein PC, dein Monitor, dein Handy-Ladekabel etc.

Aspekte die einem sternförmigen Verbund fehlen sind: Redundanz, Lastverteilung und freie Wahl!

Aber es fällt auf, das unser Netz noch einen weiteren Aspekt hat: nämlich Dezentralität – auch dies fehlt einem Stern!

Netz und Sterne

Und das Internet?

Wie der Name schon sagt, handelt es sich augenscheinlich um ein Netz (hieße ja sonst Interstar, oder?).

Email. Angenommen, du hast einen Email-Account bei Provider ‘abc.de’, deine Maildresse lautet ‘klara@abc.de’. Deine Freundin Frieda hat die Mailadresse ‘frieda@xyz.com’ bei Provider ‘xyz.com’, dein Bruder hat auch dort ein Konto, ‘hans@xyz.com’. Es ist für dich völlig selbstverständlich, dass du mit Frieda, genauso wie mit Hans Emails austauschen kannst; ebenso selbstverständlich, wie auch Frieda das mit Hans kann – der Email-Dienst ist dezentral.

Wenn ein Server eines Anbieters mit dem Server eines anderen Anbieters Austausch betreiben kann, sie also die gleiche ‘Sprache’ sprechen (im IT-Sprech bezeichnet man dies als Protokolle), nennt man das auch ein föderatives System.

Eines Tages fällt bei Provider ‘abc.de’ das Rechenzentrum aus, der Mailserver ist nicht mehr erreichbar. Das ist ärgerlich für dich, aber hat keinerlei Einfluss auf die Email, die Frieda gerade an Hans abgeschickt hat! Ein Vorteil eines dezentralen Ansatzes. Wäre Email sternförmig organisiert, könnte in solch einer Situation niemand mehr Emails versenden!

Ein dezentrales System ist weniger anfällig für Störungen, Angriffe (durch Hacker), es kann besser Lastspitzen verteilen und macht es Überwachern schwerer, Kommunikation auszuspionieren.

Todesstern

Was hat das mit Star Wars’ Todesstern zu tun?

Wie wir gesehen haben, war es durchaus sinnvoll, dem Internet eine Netz-Struktur zu verpassen, da es auf die zuvor herausgearbeiteten Aspekte (Redundanz, Lastverteilung, Dezentralität und freie Wahl) angewiesen ist, um effizient funktionieren zu können.

Dem völlig entgegen steht aber die Entwicklung (oder: Vereinnahmung durch den Markt!?), die dazu geführt hat, dass sich in diesem Netz ein paar wenige, aber übermächtig große Sternstrukturen etablieren konnten.

Einige wenige Konzerne konzentrieren soziale Netzwerke, sogenannte Cloud-Dienste und Kommunikationskanäle unter ihrem Einflussbereich und schotten diese systematisch gegen den Rest des Netzes ab. Dies widerspricht komplett den Grundsätzen der freien Wahl, der Dezentralität und des föderativen Systems; die Nutzer dieser Dienste sind eingesperrt im sogenannten Ökosystem ihrer Anbieter, in ihrer Blase.

Dies ist weit entfernt von der Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Es macht die Menschen gläsern, angreifbar, überwachbar, abhängig und ist ein mächtiges Werkzeug zur Manipulation.

Beispiel? Instant Messaging/Chat. Hand aufs Herz, wieviele Chat-Apps hast du auf deinem Smartphone installiert? Wie oft ergibt sich in Gruppen das Problem, dass nie alle über den gleichen Dienst erreicht werden können, so dass eine einfache, unkomplizierte Gruppenkommunikation zur Unmöglichkeit wird?

Instant Messaging ist vom Prinzip her ein föderatives System! Theoretisch könnte also jeder mit jedem chatten – aber die Anbieter blockieren die Föderation, schotten ihren Dienst ab.

Die Frage nach der Rationalität …

Wir verfügen mit dem Internet über eine Errungenschaft, die uns eine Vielzahl faszinierender neuer Möglichkeiten bietet und wir verschenken den Großteil dieser Möglichkeiten für nichts? Mir jedenfalls stellt sich da die Frage, inwiefern das rational zu rechtfertigen ist.

… und das in Anbetracht einer Fülle an Alternativen …

Aber warum machen wir da alle mit?

Keine Ahnung???


(Anmerkung: Vieles ist hier stark vereinfacht dargestellt, aber es geht mehr darum, das Prinzip dahinter klar zu machen)